Seit dem 01.01.2018 wird die Bilanzierung von Finanzinstrumenten durch IFRS 9 geregelt. Die Klassifizierung und damit auch die Bewertung finanzieller Vermögenswerte ist abhängig vom zu Grunde liegenden Geschäftsmodell sowie der Ausgestaltung der vertraglichen Zahlungsströme. In der Praxis kommt es hierbei immer wieder zu Anwendungsfragen und Problemen. Im November 2019 hat der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) des IDW zwei weitere Modulentwürfe veröffentlicht. Anmerkungen hierzu konnten bis Januar 2020 eingereicht werden.
Modulentwurf M2 beschäftigt sich mit der Frage nach der Vereinbarkeit des Geschäftsmodells „Halten“ i.S. von IFRS 9 mit dem Verkauf von kurzfristig fälligen Forderungen im Rahmen von Factoring-Vereinbarungen. Denn nur, wenn das Geschäftsmodell „Halten“ sowie die sog. Zahlungsstrombedingung kumulativ erfüllt sind, kann eine Forderung zu fortgeführten Anschaffungskosten (unter Anwendung der Effektivzinsmethode) bewertet werden (vgl. IFRS 9. 4.1.2). Die Zahlungsstrombedingung bedeutet, dass nur vertraglich vereinbarte Tilgungs- und Zinszahlungen zu festgelegten Zeitpunkten auf den ausstehenden Kapitalbetrag geleistet werden.
Factoring-Vereinbarungen sehen in der Praxis oftmals vor, dass erhaltene Forderungen aus Lieferungen und Leistungen planmäßig und automatisch zum Verkauf angeboten werden, sobald bestimmte Ankaufkriterien erfüllt sind. Das IDW spezifiziert, dass aufgrund der Regelmäßigkeit der Verkäufe das Unternehmen explizit das Ziel verfolgt, Zahlungsströme aus dem Forderungsportfolio durch den Verkauf der Forderungen zu generieren. Solche Vereinbarungen sind jedoch nicht mit dem Geschäftsmodell „Halten“ vereinbar, da hier von Anfang an eine Verkaufsabsicht besteht.
Werden Forderungen aus Lieferungen und Leistungen hingegen selektiv in Abhängigkeit von den Liquiditätsbedürfnissen des Unternehmens zum Kauf angeboten, kann das Geschäftsmodell sowohl in der Vereinnahmung von vertraglichen Zahlungsströmen als auch in der Veräußerung im Rahmen des Factoringvertrags bestehen (Geschäftsmodell „Halten und Verkaufen“).
Die Beurteilung der Zahlungsstrombedingung bei unterschiedlichen Zugangszeitpunkten von Finanzinstrumenten mit identischen Vertragsbedingungen ist Bestandteil des dritten Modulentwurfs M3. In der Praxis kann es vorkommen, dass finanzielle Vermögenswerte mit identischen Vertragsbedingungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erstmalig bilanziell erfasst werden. Beim erstmaligen Ansatz erfolgt die Klassifizierung eines finanziellen Vermögenswerts und die Festlegung des Wertmaßstabs für seine Folgebewertung. Die zum Erwerbszeitpunkt herrschenden Umstände können die Beurteilung des Zahlungsstromkriteriums unterschiedlich beeinflussen.
Eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten ist nur möglich, wenn die Zahlungsströme zu festgelegten Zeitpunkten zu Zins- und Tilgungszahlungen auf das ausstehende Kapital führen (vgl. IFRS 9.4.1.2A). Die Beurteilung des Zahlungsstromkriteriums ist für jeden finanziellen Vermögenswert einzeln durchzuführen (vgl. IFRS 9.3.1.1).
Bestimmte Vertragsbestandteile erfüllen nicht per se die Zahlungsstrombedingung, sondern müssen in Abhängigkeit von externen Faktoren, wie beispielsweise dem Zinsniveau oder dem Ausfallrisiko, individuell bei Zugang beurteilt werden. Im Modulentwurf werden Fälle erörtert, bei denen sich trotz identischer Vertragsbedingungen eine unterschiedliche bilanzielle Behandlung zum entsprechenden Zugangszeitpunkt ergeben könnte:
Der Hauptfachausschuss des IDW (HFA) prüft derzeit die eingereichten Kommentierungen.
Autorin: Eva Schimmer
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