Deutschland soll zu einem führenden Standort für „Sustainable Finance“ ausgebaut werden. Hierzu wurde der Sustainable Finance-Beirat gegründet, der die Bundesregierung bei der Ausarbeitung und Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie unterstützt. Durch diese Strategie sollen unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsziele der UN und des Pariser Klimaabkommens alle Finanzmarktakteure dazu ermutigt werden, die Transformation zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem zu finanzieren und von ihrem Erfolg zu profitieren. Neben der Bundesregierung und der öffentlichen Hand sind Unternehmen der Realwirtschaft und die Akteure im Finanzmarkt die Hauptadressaten des Zwischenberichts. Der Beirat hat 53 Handlungsempfehlungen herausgearbeitet, die durch Kommentierungen und Ideen im Herbst 2020 zu einem finalen Bericht zusammengefasst werden sollen.
Die Bundesregierung soll zur Realisierung dieser Strategie einen gesetzlichen Rahmen schaffen, innerhalb dessen sich die Marktakteure bewegen können. Soweit die öffentliche Hand unternehmerisch tätig ist, wird von ihr eine Vorbildfunktion erwartet, indem sie die Vorgaben schnell und umgehend selbst umsetzt. Somit würden gleichzeitig der Green Deal der EU und der European Action Plan „Financing Sustainable Growth“ unterstützt werden.
Der realwirtschaftliche Regulierungsrahmen sieht für die Unternehmen erweiterte Pflichten vor, durch die eine erhöhte Transparenz und bessere Vergleichbarkeit der Daten geschaffen und das Risikomanagement verbessert werden sollen. Bisher müssen lediglich börsennotierte Kapitalgesellschaften eine nicht-finanzielle Erklärung abgeben. Perspektivisch könnte die Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung als „integrierte Berichterstattung“ standardisiert und Schritt für Schritt auf einen größeren Anwenderkreis, insbesondere auch auf mittelgroße Kapitalgesellschaften, KMUs und Unternehmen mit besonderen Risiken ausgeweitet werden.
Der Beitrat empfiehlt, alle börsennotierten Unternehmen ab 2022 zur Anwendung der Empfehlungen der TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures) zu verpflichten. Außerdem sollen standardisierte Anforderungen für börsennotierte und nicht-börsennotierte Unternehmen geschaffen werden.
Banken und Versicherungen sollen umfassend nachhaltige Investments sowie Bank- oder Versicherungsprodukte anbieten, die einen messbaren Beitrag zur Transformation zu einem nachhaltigen Wirtschafts- und Finanzsystem leisten. Gleichzeitig soll auch die korrespondierende Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsthemen ausgebaut werden, damit nachhaltige Finanzprodukte besser vergleichbar sind und somit auch Beratungsprozesse adäquater gestaltet werden können.
Auch für die Risikomanagementsysteme sollen wesentliche Nachhaltigkeitsparameter eine entscheidendere Rolle spielen. Durch Anreiz- und Sanktionsmechanismen soll die Nachhaltigkeitsorientierung des Managements und der Mitarbeiter gefördert werden.
IDW und DRSC zur nicht finanziellen Berichterstattung: Das DRSC (Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee) und das IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer) haben den Zwischenbericht kommentiert und sind insbesondere auf die Aspekte der nicht-finanziellen Unternehmensberichterstattung eingegangen. Beide begrüßen die Initiative und betonen, dass eine möglichst internationale, zumindest aber europäische Lösung mit einheitlichen Standards oder Anwendungshilfen angestrebt werden sollte. Im Rahmen der nicht-finanziellen Berichterstattung wird die Ausweitung des Anwendungsbereichs begrüßt, auch wenn beide darauf hinweisen, dass die Weiterentwicklung der Offenlegungspflichten für KMUs nicht in gleichem Umfang wie für kapitalmarktorientierte Unternehmen erfolgen sollte. Das DRSC fordert, Erwartungen und Anforderungen direkt an die Realwirtschaft zu richten, anstatt Berichtspflichten indirekt über zusätzliche Anforderungen an die Akteure im Finanzmarkt zu schaffen. Daneben verweist es auf bestehende Schnittmengen finanzieller und nicht-finanzieller Berichterstattung. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Finanzberichterstattung müssen deshalb weiterentwickelt werden, um sie auch für die nicht-finanzielle Berichterstattung nutzbar zu machen. Der politisch motivierte Lenkungsaspekt der nachhaltigen Finanzstrategie darf jedoch nicht zu Lasten der bestehenden und funktionierenden Finanzberichterstattung gehen. Die Ausweitung der Berichtspflicht von zukunftsorientierten Informationen auf einen mittel- und langfristigen Zeitraum wird zwar grundsätzlich begrüßt, allerdings weist das IDW auf die Grenzen der Aussagekraft solcher Prognosen hin. Stattdessen empfiehlt das IDW eine Ausweitung der qualitativen Berichterstattung über die Unternehmensplanung sowie die Erläuterung von Zielgrößen wesentlicher nicht-finanzieller Indikatoren und Kennzahlen.
Das DRSC empfiehlt die Aufnahme von Aussagen zur Datenqualität und Verlässlichkeit sowie einer Aussage zur Prüfbarkeit der nicht-finanziellen Informationen, eine umfassende Prüfpflicht sollte jedoch eher mittelfristig in Erwägung gezogen werden. Das IDW setzt sich für eine zwingende Prüfung sowohl der finanziellen als auch der nicht-finanziellen Informationen bzw. der dahinterstehenden Berichtssysteme ein.
Autorin: Eva Schimmer
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