In 2019 hat der „Business Roundtable“, eine Vereinigung US-amerikanischer CEOs, eine Abkehr vom bis dahin geltenden Primat ihres Handelns vollzogen, nämlich dem reinen, kurzfristig orientierten Shareholder Value. Sie haben stattdessen als „Purpose“ ihres Agierens den langfristig orientierten Stakeholder Value aufs Schild gehoben. Danach wollen sie u.a. die Gesellschaft unterstützen, indem sie durch nachhaltiges Handeln aller ihrer Unternehmen die Interessen der Bürger respektieren und die Umwelt schützen möchten.
Diese Verpflichtung, nicht mehr nur den Interessen der Anteilseigner, sondern der Gesellschaft als Ganzem zu dienen, steht im Einklang mit dem allgemeinen Nachhaltigkeitstrend. In 2015 sind die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und das Pariser Klimaabkommen verabschiedet worden. Die EU hat in der Folge ihren Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums, den European Green Deal und den Entwurf eines Europäischen Klimagesetzes vorgelegt sowie Verordnungen zur nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegung im Finanzdienstleistungssektor und einer dazu notwendigen EU-Taxonomie auf den Weg gebracht.
Die Politik hat erkannt, dass die öffentlichen Haushalte alleine nicht in der Lage sind, die Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft für eine nachhaltige Zukunft zu finanzieren. Deshalb verfolgt sie die Strategie, private Finanz- und Kapitalströme auf „grüne Investitionen“ zu lenken. Der Finanzsektor spielt somit eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung der notwendigen Transformation. Deshalb hat die Bundesregierung den Sustainable-Finance Beirat damit beauftragt, eine Strategie zu entwickeln, die gewährleistet, dass wirksame, fördernde und steuernde politische Rahmenbedingungen geschaffen werden (vgl. hierzu WTS Journal 03/2020).
Dazu zählen auch die Steuerpolitik, die Bekämpfung von Steuervermeidung und die Verringerung des weltweiten Steuerwettbewerbs. Aus Sicht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) sind diese drei Elemente von großer Bedeutung. Denn die Steuerpolitik steckt den wirtschaftlichen Rahmen für Investitionen, Beschäftigung und Innovationen ab und verschafft zusammen mit der Bekämpfung von Steuervermeidung und der Verringerung des weltweiten Steuerwettbewerbs die nötigen Finanzierungsmittel. Darüber hinaus sollten Maßnahmen zur Steigerung der Glaubwürdigkeit (Fairness) zu einer Erhöhung von Privatinvestitionen und somit zur Deckung der Investitionslücke beitragen.
Ende 2019 hat das Global Sustainability Standards Board (GSSB) der „Global Reporting Initiative“ (GRI) einen neuen Reporting Standard zu Steuern (GRI 207: Steuern) veröffentlicht. Er ist eine Antwort auf die Bedenken, dass Steuervermeidungsstrategien von Unternehmen negative Auswirkungen auf die Fähigkeit von Regierungen haben, die nachhaltige Entwicklung mitzufinanzieren. Deshalb will er eine transparentere Berichterstattung global agierender Unternehmen darüber erreichen, wieviel Steuern sie wo bezahlen. Aus Sicht der GRI ist das Entrichten von Steuern dort, wo die unternehmerische Leistung erbracht wird, ein wesentlicher Bestandteil nachhaltigen Handelns von Unternehmen. Und hier schließt sich auch der Kreis mit dem Stakeholder Value als neuem „Purpose“ für Unternehmen.
Der Standard fordert insgesamt vier Angaben für den GRI Sustainability-Report:
Der Entwurf der überarbeiteten GRI Universal Standards 101, 102 und 103 sieht vor, dass Unternehmen, die in Übereinstimmung mit den GRI Disclosure Standards berichten wollen, alle Anforderungen der Universal Standards erfüllen und über alle wesentlichen Themen (material topics) und deren Auswirkungen berichten müssen. Eine Berichterstattung zum Thema Steuern dürfte damit in den meisten Fällen nicht zu umgehen sein.
Autor: Harald von Heynitz
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