Die aktuelle Corona-Krise führt derzeit bei vielen Unternehmen zu deutlich mehr Unsicherheit im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs oder gar die Sicherung des Fortbestands. Auch wenn die Auswirkungen der Krise in ihrem vollen Umfang noch nicht abzusehen sind, wird von vielen Seiten eine Sanierungs- und Insolvenzwelle erwartet. Die mögliche Insolvenzwelle soll mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) abgemildert werden. Kern des SanInsFoG stellt das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) dar, das am 01.01.2021 in Kraft getreten ist. Mit dem darin eingeführten präventiven Restrukturierungsrahmen stehen im deutschen Recht erstmalig Sanierungsinstrumente außerhalb eines formellen Insolvenzverfahrens zur Verfügung. Damit soll die Lücke zwischen der privatautonomen Sanierung und der insolvenzrechtlichen Sanierung geschlossen werden.
Der Restrukturierungsrahmen bietet der Unternehmensleitung eines in die Krise geratenen Unternehmens einen Anreiz zur frühzeitigen Einleitung von Sanierungsmaßnahmen, ohne dem Stigma der Insolvenz zu unterliegen. Der Zugang zu den Instrumenten wird an den Zeitpunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 Abs. 2 InsO geknüpft. Somit ist der Schuldner im Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit dazu berechtigt, ein Insolvenzverfahren auf einen Eigenantrag hin zu eröffnen oder eine Sanierung nach dem Restrukturierungsrahmen durchzuführen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Instrumente des Rahmens ist die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Gericht unter Vorlage eines Sanierungskonzepts. Mit der Anzeige wird die Restrukturierungssache rechtshängig und die Insolvenzantrags-pflicht des § 15a InsO ausgesetzt. Der Schuldner ist dennoch verpflichtet, dem Gericht den Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder einer Überschuldung (§ 19 InsO) anzuzeigen.
Der gesetzliche Rahmen ermöglicht es, in die Rechte bestimmter Gläubigergruppen durch Mehrheitsentscheidungen einzugreifen. Der Restrukturierungsplan - ähnlich zu dem bereits bestehenden Konzept des Insolvenzplans aus der InsO - bildet dabei die Grundlage für Eingriffe in Gläubigerrechte. Durch das Zulassen von Mehrheitsentscheidungen kann verhindert werden, dass einzelne obstruierende Gläubiger Sanierungen blockieren. Ein weiteres Werkzeug zur Unterstützung der Restrukturierung stellt die Möglichkeit dar, eine Stabilisierungsanordnung im Sinne einer Vollstreckungs- oder Verwertungssperre durch das Restrukturierungsgericht für mindestens drei Monate auf Antrag des Schuldners zu erwirken (§§ 49 ff. StaRUG). Damit können unter anderem Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner untersagt und ihm so eine „Atempause“ gewährt werden.
Der präventive Restrukturierungsrahmen stellt für Unternehmen mit Fortführungsperspektive ein zusätzliches Sanierungsinstrument dar, welches auf die Vermeidung der Insolvenz und den Unternehmenserhalt abzielt. Für die Durchführung einer effektiven Restrukturierung sollte das Verfahren als potenzielles Instrument frühzeitig in Konzeption und Planung einbezogen werden.
Autorin: Marie Tierhold
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