Ende März dieses Jahres hat der SustainableFinance-Beirat (SFB) seinen Schlussbericht mit dem Titel „Shifting the Trillions – Ein nachhaltiges Finanzsystem für die Große Transformation“ vorgelegt. Damit steht er im Einklang mit dem EU Green Deal, der die „Umgestaltung der EU-Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft“ zum Ziel hat. In seinem Bericht gibt der SFB der Bundesregierung 31 Handlungsempfehlungen. Davon betreffen neun den Bereich integrierte und zukunftsgerichtete Berichterstattung als Grundlage für nachhaltige Investitionsentscheidungen und ein ganzheitliches Risikomanagement. In diesen Handlungsempfehlungen sieht der SFB einen sehr wichtigen Hebel für die Realisierung von Sustainable Finance und empfiehlt daher, deren Umsetzung zeitlich zu priorisieren.
Der SFB kritisiert vor allem die derzeitige gegenwarts- und vergangenheitsbezogene, auf Finanzdaten konzentrierte Berichterstattung, bei der die nicht-finanzielle Berichterstattung meist neben dem Lagebericht als zusätzliche Information in Form einer gesonderten nicht-finanziellen Erklärung veröffentlicht wird.
Deshalb formuliert der SFB vier Kernanforderungen an eine zukunftsgerichtete und integrierte Berichterstattung:
- Um die Zielerreichung der Transformation besser einschätzen und messen zu können, soll die Berichterstattung in größerem Umfang zukünftige Chancen und Risiken enthalten. Durch eine solche Zukunftsorientierung würden die wesentlichen mittel- und langfristigen Auswirkungen der Transformation auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen dargestellt. Diese Informationen würden Kapitalgeber besser bei der Einschätzung unterstützen, zu welchem Grad ihre Investments zur Erreichung ihrer wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Ziele beitragen.
- Eine gute Berichterstattung gibt Aufschluss über die Transformationsstrategie der Unternehmung, deren Umsetzung und das System zum Managen der damit verbundenen Chancen und Risiken. Effektiv wird diese Berichterstattung, wenn sie einen Vergleich im Zeitablauf und zwischen verschiedenen Unternehmen erlaubt. Die Vergleichbarkeit soll hergestellt werden durch vereinheitlichte, zukunftsorientierte Kennzahlen, „gemeinsame Referenzszenarien“ und eine „strukturell harmonisierte“ Risikoberichterstattung.
- Im Rahmen des Risikomanagements stand bisher nahezu ausschließlich die sog. Outside-In-Perspektive im Fokus. Diese berücksichtigt externe Risiken und ihre Auswirkungen auf die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens. Nach dem SFB soll zukünftig zusätzlich die Inside-Out-Perspektive berücksichtigt werden, die die positiven und negativen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf soziale Belange und die Umwelt umfasst. Dieser ergänzende Blick auf das Unternehmensumfeld wird doppelte Wesentlichkeit genannt (vgl. hierzu WTS Journal 01/2021, S. 75 f.)
- Die Forderung nach der doppelten Wesentlichkeit ist eine Folge der Informationsbedürfnisse verschiedener Stakeholder. Diese fordern Informationen über die Auswirkungen des Handelns eines Unternehmens auf Gesellschaft und Umwelt.
Folgen dieser Anforderungen sind darüber hinaus:
- Die Ausweitung der Berichterstattung auf alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, also unabhängig von der Gesellschafts- und Finanzierungsform.
- Die nicht-finanzielle Berichterstattung soll fester Bestandteil des Lageberichts werden. Damit verbunden ist auch die Einführung einer schrittweisen Prüfungspflicht.
- Um möglichst schnell einen effizienten Datenzugriff und den Aufbau einer europäischen ESG-Rohdatenbank zu ermöglichen, soll ESEF (European Single Electronic Format) um nicht-finanzielle Informationen erweitert werden.
Die EU-CSR Richtlinie wurde nach ihrer Überarbeitung am 21. April 2021 als Entwurf veröffentlicht. Danach wird ersichtlich, inwieweit die Bundesregierung die Empfehlungen des SFB in den Verhandlungen um die Richtlinie einbringen konnte.
Autor: Harald v. Heynitz