Am 18.06.2020 hat das EU-Parlament die endgültige Fassung der Taxonomie-Verordnung verabschiedet. Diese soll dem übergeordneten Ziel der Klimaneutralität der EU bis 2050 dienen und dieses vorantreiben. Einzelne (Umwelt-)Ziele werden in Art. 9 benannt. Im Vorfeld einer weiteren Überarbeitung der CSR-Richtlinie ergeben sich bereits aus der Verordnung unmittelbare Berichtspflichten für kapitalmarktorientierte (Mutter-)Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Die erstmalige Anwendung soll zum 01.01.2022 erfolgen. Die mit der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt zur Verfügung gestellten FAQs stellen jedoch klar, dass diese Berichtspflicht faktisch bereits für das Geschäftsjahr 2021 und die zu veröffentlichende nicht-finanzielle Erklärung greift.
Resultierende Berichtspflichten werden durch Art. 8 der Taxonomie-Verordnung adressiert. Hierbei sollen die berichtspflichtigen Unternehmen bestimmte Angaben zu sogenannten „grünen“ Finanzkennzahlen machen: der Anteil der taxonomiekonformen, d. h. ökologisch nachhaltigen („grünen“) Umsatzerlöse sowie Investitions- und Betriebsausgaben.
Als Reaktion hierauf hat die europäische Aufsichtsbehörde ESMA (für Unternehmen der Realwirtschaft und Asset Manager) am 05.11.2020 ein Konsultationspapier veröffentlicht. Dieses enthält diverse Vorschlage zum Inhalt der drei „grünen“ Finanzkennzahlen sowie deren Ermittlung und Darstellung in der nichtfinanziellen Erklärung. Neben der ESMA (European Securities and Markets Authority) wurden auch die European Banking Authority (EBA - für Kreditinstitute) und die European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA - für Versicherungsunternehmen) gebeten, Vorschläge zur Konkretisierung der Berichtspflichten der Taxonomie-Verordnung vorzulegen. Die Frist zur Vorlage der finalen Vorschläge (inklusive Rückmeldungen aus öffentlicher Konsultation) endete Ende Februar 2021.
Die am 01.03.2021 veröffentlichten finalen Empfehlungen der drei europäischen Aufsichtsbehörden an die Europäische Kommission beinhalten neben konkreten Handlungsempfehlungen auch Erwartungen der jeweiligen Aufsichtsbehörden an die Anwender der Taxonomie-Verordnung bezüglich der Darstellung und Ermittlung. So sollen die nichtfinanziellen Leistungsindikatoren des Art. 8 der Verordnung – so weit möglich – aus den Kennzahlen und (Konzern- beziehungsweise Jahres-)Abschlussgrößen ermittelt werden. Neben den quantitativen Leistungsindikatoren erwartet die ESMA zusätzlich umfangreiche qualitative Angaben und Erläuterungen in der nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung.
Zur Verdeutlichung der Erwartungshaltung an die Unternehmen bezüglich des Umfangs und der Darstellung der „grünen“ Finanzkennzahlen beinhalten die Empfehlungen ausführliche beispielhafte Tabellen.
Die EU Taxonomie-Verordnung stellt einen wichtigen und notwendigen Schritt zur Erreichung der EU Klimaziele dar. Die mit der Taxonomie einhergehenden Berichtspflichten sowie die Ermittlung und Berechnung der entsprechenden „grünen“ Finanzkennzahlen stellt Unternehmen noch im Geschäftsjahr 2021 vor Herausforderungen. Die Empfehlungen der ESMA befassen sich jedoch nicht mit der Fragestellung, welche Wirtschaftsaktivitäten unter die Taxonomie-Verordnung fallen beziehungsweise wann diese als ökologisch nachhaltig und somit als „grün“ zu klassifizieren sind. Dies muss durch den delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission festgelegt werden. Dieser soll – nach Art. 23 der Taxonomie-Verordnung – bis spätestens 01.06.2021 vorliegen. Vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen und des Pandemiegeschehens können Verzögerungen jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Autor: Julian Göbel
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