In Krisenzeiten ist die Finanzfunktion besonders gefragt. Nicht nur aufgrund der COVID-19-Pandemie, der Supply Chain-Herausforderungen, dem Ukraine-Krieg, der Inflation und des Zinsanstiegs sind die Anforderungen an CFOs und ihre Mannschaft so umfangreich und vielfältig wie noch nie.
Zu den bereits bestehenden Anforderungen, wie Finanzreporting, Finanzmanagement, Compliance-Themen und KPI-gestützter Steuerung des Geschäfts, kommen damit noch einige weitere hinzu. Zu nennen wären hier beispielsweise folgende Themen:
All diese Themen können CFOs mit einem guten Team meistern. In vielen Unternehmen beginnt aber schon hier der Teufelskreis. Denn die Mitarbeiterfluktuation im Finanzbereich ist hoch. So verwundert es nicht, dass das Thema Talent/Personal mit 60,7 % der Nennungen das Top-Thema auf der CFO-Agenda mit Sicht auf das Jahr 2022 war1 . Immer weniger Mitarbeiter − vor allem unter den jüngeren Digital Natives − haben Lust, immer wieder die gleiche E-Mail zu schreiben, endlose Excel-Tabellen zu vergleichen, zu kopieren und zu aggregieren oder ähnlich stupide und repetitive Aufgaben abzuarbeiten.
Dennoch verbringen sie heute immer noch einen Großteil ihrer Zeit mit Tätigkeiten, die ein Computer besser, schneller und mit weniger Fehlern bearbeiten könnte. Auf unseren privaten Handys sind die meisten solcher Prozesse längst automatisiert: Wir können unsere Rechnungen innerhalb von Sekunden mit dem Finger bezahlen, unser Wertpapierdepot zeigt uns unsere aggregierten Gewinne oder Verluste an und führt die Kapitalertragsteuern automatisch ab, während unser bevorzugter Social Media Kanal schon vor uns weiß, was wir als nächstes kaufen wollen. Auch ein Großteil der Prozesse in der Finanzfunktion kann bereits heute auf ähnliche Art und Weise automatisiert werden, so dass nur noch 10 % anstatt 80 % manuell abgearbeitet werden müssen. In den meisten Unternehmen ist die Arbeit in der Finanzfunktion jedoch immer noch eine „IT-archäologische Expedition“ zurück in die 1990er Jahre.
Unternehmen fingen damals gerade erst an zu digitalisieren bzw. steckten meistens noch in der ersten Digitalisierungswelle fest, in der das Büro digitalisiert wurde. Später wurden Prozesse weiter optimiert und ganz in ein Shared Service Center ausgelagert. Um effizienter zu werden, kamen dann sogenannte Bots oder Robotic Process Automation hinzu, die punktuell besonders aufwändige Arbeitsschritte automatisieren. Meistens kaufen verschiedene Abteilungen unabhängig voneinander digitale Lösungen ein, die ihnen in besonders aufwändigen Teilen ihrer Prozesse helfen sollen. Grundsätzlich hat sich seit der ersten Digitalisierungswelle aber nicht viel geändert. Zugegeben, es hat sich ungemein viel getan seit damals und die Software-Lösungen sind besser, mächtiger und benutzerfreundlicher geworden. Was aber oft geblieben ist, ist die Verankerung der Lösungen in ihrem jeweiligen Silo: Die Tax-Abteilung hat immer noch ihr eigenes Tax-System, Accounting und Controlling haben jeweils ein anderes, wie auch Sales, Marketing und Einkauf i.d.R. jeweils ihre eigenen Systeme haben. All diese Lösungen machen ja auch tatsächlich etwas Anderes.
Prozesse Ende-zu-Ende betrachten
Wenn man sich diese verschiedenen Schritte allerdings aus einer Prozesssicht ansieht - und genau das tun wir bei der WTS Advisory - dann sind alle diese Bereiche unter Umständen Teil eines einzigen langen Ende-zu-Ende Prozesses. Wenn man eine Dienstleistung oder ein Produkt verkauft, befindet man sich eigentlich nicht am Anfang, sondern in der Mitte eines Prozesses, der mit Marketing und Sales beginnt und mit der Jahresbilanz oder der Steuererklärung endet. Wenn die Buchhaltung eine Lieferantenrechnung nicht zuordnen kann, ist das Problem meist schon weiter vorne im Prozess entstanden, oft bereits bei der Bestellung. Gleiches gilt für das Trend-Thema Environmental, Social and Corporate Governance (ESG): Idealerweise werden Lieferanten und deren Produkte bereits beim Einkauf geprüft und hier – im Purchase-to-Pay Prozess – werden direkt die benötigten Daten gesammelt, die später in das ESG-Reporting einfließen.
Diese Beispiele zeigen, warum Digitalisierungsprojekte, die nicht den ganzen Prozess Ende-zu-Ende einbeziehen, meist nur überschaubare Effizienzgewinne erzielen. Steht der Prozess im Mittelpunkt der Automatisierung, erreichen wir Automatisierungsraten von über 90 %. D.h. 90 % der Vorgänge werden „dunkelverarbeitet“ und erblicken nie das Tageslicht bzw. einen Mitarbeiter. Dies erlaubt letzterem, seinen Verstand, seine Kreativität und Erfahrung für wertschöpfende Dinge einzusetzen. Tätigkeiten, die im Regelfall auch mehr Spaß machen. Das Ziel solcher Initiativen sollte es sein, die Organisation insgesamt effizienter und effektiver zu machen. Daher steht immer häufiger der Ende-zu-Ende Prozess im Mittelpunkt. Ende-zu-Ende meint hier einen Prozess, der zumeist außerhalb des Unternehmens angestoßen wird, z.B. durch eine Lieferantenrechnung, und auch dort wieder endet, zum Beispiel mit dem Zahlungseingang beim Lieferanten.
Wenn man den gesamten Prozess Ende-zu-Ende betrachtet, sind Automatisierungsraten von 90 % möglich, d.h. nur 10 % der Vorgänge erblicken jemals das Tageslicht und müssen von einem Mitarbeiter bearbeitet werden.
Plattform und Integration
Um solche Ende-zu-Ende Prozesse zu automatisieren, werden idealerweise alle Teilprozesse von derselben Plattform gesteuert, sodass der Gesamtprozess über organisationale (und technische) Silos hinweg abgebildet und gemanaged werden kann. Dabei müssen die Teilprozesse am Ende zusammenspielen und verschiedenste bereits bestehende Systeme in einen Gesamtprozess integriert werden.
Vorteile
Letztlich bleibt die Erkenntnis, dass die alten Prozesse ausnahmslos, wo auch immer in der Organisation sie starten, am Ende in der Finanzfunktion auf- und zusammenlaufen. Die CFOs müssen also einen wesentlich breiteren Verantwortungshorizont im Blick haben als früher. Um diese Finanzprozesse zu automatisieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die sich je nach Unternehmensstrategie und Fokus unterscheiden können. Immer mehr Unternehmen entscheiden sich derzeit dazu, die nicht zum Core-Business gehörenden Prozesse, die aber dennoch für jedes Unternehmen überlebenswichtig sind (hierzu gehören die meisten Finanzprozesse, allen voran Purchase-to-Pay, Order-to-Cash und Record-to-Report), wieder in das Unternehmen zurückzuholen. Diese Prozesse waren zuvor oftmals über ein Shared Service Center ins Ausland verlagert oder vollständig an externe Partner vergeben. Die meisten unserer Mandanten konnten durch die Verlagerung ins Ausland zwar auf den ersten Blick Geld sparen, allerdings mussten sie es häufig aufgrund der gesunkenen Qualität an anderer Stelle wieder ausgeben.
Die Automatisierung bietet hier die Chance, gleichzeitig die Qualität zu erhöhen, während Kosten und Durchlaufzeiten signifikant sinken. Möglich wird dies, indem die „Maschinen“ eingehende Rechnungen 80 % – 90 % automatisiert und somit schneller und mit einer gleichbleibend guten Qualität verarbeiten, so dass nur noch die restlichen 10 % der wirklich schwierigen Ausnahmefälle von den Experten am Hauptsitz des Unternehmens bearbeitet werden. Um Zeit bei der Implementierung zu sparen, bietet WTS Advisory bereits fertige Prozesse wie Purchase-to-Pay oder Order-to-Cash an, die als Software as a Service aus der Cloud von Unternehmen genutzt werden können. Lange Entwicklungsprojekte von drei Jahren und mehr sind nicht erforderlich. Diese „Maßkonfektion“ ist innerhalb von drei bis sechs Monaten an die individuellen Anforderungen des Unternehmens angepasst und einsatzfähig.
Autoren: Dr. Robert Eckhoff & Markus Spieleder
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