Mit dem am 22.12.2022 erschienenen vierten Update zu den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Rechnungslegung nach HGB und IFRS hat das IDW seine bereits veröffentlichten fachlichen Hinweise zu diesem Thema erneut in Form von Fragen und Antworten aktualisiert und ergänzt (vgl. WTS Journal 02/2022, 04/2022 und 05/2022).
Zunächst werden die Auswirkungen der bilanziellen Abbildung der Heizkostenabrechnungen bei Unternehmen der Immobilienwirtschaft aufgrund der gestiegenen Kosten für die Wärmeversorgung aufgegriffen. Fraglich ist, ob bereits zum Abschlussstichtag ggf. eine Abschreibung gemäß § 253 Abs. 4 HGB auf die unfertigen Leistungen (noch nicht mit den Mietern abgerechnete Heiz- und Betriebskosten des vergangenen Jahres) vorgenommen werden muss. Maßgebend dafür sind laut dem Grundsatz einer verlustfreien Bewertung unfertiger Leistungen die am Abschlussstichtag voraussichtlich erzielbaren „Preise“. Ist anzunehmen, dass Mieter diese höheren Heizkosten nicht tragen können, sollte dies gemäß IDW bereits am Abschlussstichtag wertmindernd berücksichtigt werden. Nach Durchführung der Heizkostenabrechnung ist bei der Forderungsbewertung dem Umstand erhöhter Kosten ggf. im Rahmen von Einzel- und Pauschalwertberichtigungen angemessen Rechnung zu tragen. Im Rahmen der IFRS-Bilanzierung kann die Frage der Umklassifizierung finanzieller Vermögenswerte eine Rolle spielen. Eine solche Umklassifizierung kann nur aufgrund eines Wechsels des Geschäftsmodells erfolgen, was aufgrund des Ukraine-Krieges denkbar sein kann (z.B. aufgrund des generellen Verzichts auf Investitionen in Russland).
IFRS 9.B4.4.1 enthält die Voraussetzungen dafür. Die beschlossenen Maßnahmen müssen sich nachweislich auf die jeweiligen Geschäftsaktivitäten eines Unternehmens als Ganzes signifikant auswirken. Die Umklassifizierung kann laut IFRS 9 Appendix A nur prospektiv zu Beginn der folgenden Berichtsperiode nach dem Beschluss des leitenden Managements erfolgen.
Im Weiteren thematisiert das IDW die Bilanzierung von Energiebeschaffungsverträgen vor dem Hintergrund der aktuellen Marktentwicklungen und die Frage, in welchen Fällen solche Verträge aufgrund der „own use exemption“ nicht in den Anwendungsbereich des IFRS 9 fallen. Ist dies so, werden solche Verträge als schwebende nicht-finanzielle Geschäfte behandelt und damit gemäß IAS 37 bilanziert.
Auch der Zusammenhang zwischen Szenariobetrachtungen im Rahmen der Ermittlung von Wertminderungen nach IFRS 9 und Sensitivitätsangaben nach IAS 1 wird vom IDW behandelt. Das Wertminderungskonzept für nicht erfolgswirksam zum Fair Value bewertete finanzielle Vermögenswerte nach IFRS 9 erfordert die Erfassung von erwarteten Kreditverlusten. Deren Berechnung sollte auf einer wahrscheinlichkeitsgewichteten Szenariobetrachtung beruhen und zukunftsbezogene Informationen zu makroökonomischen Bedingungen berücksichtigen. Die erfassten Wertminderungen reduzieren den Buchwert der betreffenden finanziellen Vermögenswerte.
IAS 1 fordert Angaben zu den wesentlichen Quellen von Schätzungsunsicherheiten, die dazu führen können, dass eine wesentliche Anpassung des Buchwerts im nächsten Geschäftsjahr notwendig sein wird. Aufgrund der aktuellen Unsicherheiten sind Annahmen und Schätzungen von besonderer Bedeutung. Je mehr Unsicherheit besteht, desto häufiger müssen Entscheidungen aufgrund von Ermessen getroffen werden, was detailliertere Angaben und häufigere Sensitivitätsanalysen erfordert, um den Adressaten die Relevanz der Ermessensentscheidungen zu verdeutlichen. Die Verwendung unterschiedlicher Szenarien im Rahmen der Ermittlung der erwarteten Kreditverluste gemäß IFRS 9 rechtfertigt dabei nicht einen Verzicht auf erforderliche Sensitivitätsanalysen.
Autoren: WP/StB Hans-Georg Weber und Anna Stadler
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