Selbstbewusstsein und Überzeugungskraft können beträchtliche Auswirkungen auf unternehmerische Entscheidungen haben. Im Kontext von Fusionen und Übernahmen (M&A) kann das Phänomen des „Managerial Overconfidence“ dazu führen, dass Manager den Kaufpreis von Unternehmen höher als den jeweiligen tatsächlichen Unternehmenswert einschätzen bzw. „verzerren“. Dieses Verhalten spielt eine wichtige Rolle in der Behavioral Corporate Finance, einem Forschungszweig, der menschliche Verhaltensmuster und psychologische Aspekte in die traditionelle Finanztheorie einbezieht. Kognitive „Verzerrungen“ sind systematisch auftretende Denk- und Wahrnehmungsfehler, die menschliche Entscheidungen beeinflussen. Speziell „Managerial Overconfidence“ tritt im M&A-Prozess sowohl auf der Verkäufer- als auch auf der Käuferseite auf.
Auf der Verkäuferseite kann die kognitive Verzerrung eine entscheidende Rolle spielen und zu überhöhten Erwartungen hinsichtlich des Kaufpreises und strategischen Werts eines Unternehmens führen. Einen signifikanten Einfluss dabei hat die Verankerungsheuristik, bei der sich Menschen einen Referenzpunkt setzen und ihre Entscheidungen danach ausrichten. Im Falle des Verkaufs eines Unternehmens kann der Verkäufer beispielsweise die höchste bisher erzielte Bewertung oder den für ihn besten Verkaufspreis als Anker verwenden und dadurch eine überhöhte Kaufpreiserwartung entwickeln. Eine zu hohe Kaufpreiserwartung hat eine geringere Anzahl an indikativen Angeboten zur Folge und senkt somit die Transaktionswahrscheinlichkeit.
Auf der Käuferseite kann „Overconfidence“ zu einem überhöhten Kaufpreis für das Unternehmen führen. Eine Studie der Warwick University zeigt, dass „übermütige“ Käufer – im Vergleich zu vorsichtigeren Käufern – ein Unternehmen durchschnittlich um 7 % bis 9 % höher bewerten. Diese kognitive Verzerrung hängt vor allem mit der Überschätzung möglicher Synergieeffekte zusammen, die nach der Durchführung der Transaktion oft nicht in dem erwarteten Ausmaß eintreten. Eine Studie von SAP und FactSet Research Systems zeigt sogar, dass in etwa 70 % der Fälle die geplanten Synergien nicht realisiert werden können. Gründe dafür können sein, dass das zu kaufende Unternehmen nicht ausreichend analysiert, die Unternehmensprozesse nicht ausreichend verstanden oder die Kompatibilität der Mitarbeiterkulturen überschätzt wurden.
Die genannten Gründe für die häufig auftretende Verzerrung der Wahrnehmung auf Verkäufer- und Käuferseite können erhebliche Auswirkungen auf die Erfolge von M&A-Transaktionen haben. Unser M&A Strategy Team versucht daher, strategische Überlegungen, wie eine transparente Kommunikation der initialen Kaufpreiserwartung (auf Verkäuferseite) oder das Abwägen von potenziellen Synergieeffekten (auf Käuferseite), bereits zu Beginn eines neuen Transaktionsprojekts einfließen zu lassen. Dies soll zu einer Verzahnung von Strategie und M&A-Transaktion führen und somit kognitiven Verzerrungen, wie der „Managerial Overconfidence“, entgegenwirken.
Autoren: Dr. Heiko Frank, Laura Schläger, Maximilian Mittermeier, alle München
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