Die EU Kommission hat in 2018 ihren Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums verabschiedet. Dieser zielt insbesondere auf,
1. die Neuausrichtung der Kapitalflüsse, um ein nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen,
2. die Einbettung der Nachhaltigkeit in das Risikomanagement und
3. die Förderung von Transparenz und Langfristigkeit in der Finanz- und Wirtschaftstätigkeit.
Damit Kapitalströme in nachhaltige Investitionen gelenkt werden können, müssen Kriterien festgelegt werden, anhand derer der Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition bestimmt werden kann. Deshalb ist als dringlichste Maßnahme dieses Aktionsplans die Einführung eines EU Klassifikationssystems für nachhaltige Tätigkeiten festgelegt worden, die die Kommission mit dem Erlassen der Taxonomie-Verordnung (2020/852) im Juni 2020 umgesetzt hat. Mit diesen Kriterien soll sogenanntes „Greenwashing“ vermieden werden.
Die Taxonomie-Verordnung steht in engem Zusammenhang mit der 2019 erlassenen Offenlegungs-Verordnung (2019/1988) für den Finanzdienstleistungssektor. Mit dieser Verordnung soll unter anderem die Bereitstellung von Informationen über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten in der EU vereinheitlicht werden. Danach sind die Finanzmarktteilnehmer (zum Beispiel Banken, Versicherungen, Fondsanbieter) verpflichtet, Informationen über die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Investitionsentscheidungen auf ihrer Internetseite zur Verfügung zu stellen und aktuell zu halten. Diese Informationen sind ferner spezifiziert auf die angebotenen Finanzprodukte in den vorvertraglichen Informationen anzugeben. Dazu zählen auch die Ergebnisse der Bewertung der zu erwartenden Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf die Rendite dieser Finanzprodukte. Bei nachhaltigen Investitionen sind in den vorvertraglichen Informationen zudem konkrete Angaben darüber zu machen, wie das angestrebte Umweltziel erreicht wird.
Die Offenlegungs-Verordnung definiert in Art. 2 Nr. 17 nachhaltige Investitionen als eine Investition in eine wirtschaftliche Tätigkeit,
1. die zur Erreichung eines Umweltziels beiträgt, oder
2. die zum Erreichen eines sozialen Ziels beiträgt,
3. vorausgesetzt, dass diese Investitionen keines dieser Ziele erheblich beeinträchtigen und
4. die Unternehmen, in die investiert wird, über eine gute und funktionierende Corporate Governance verfügen.
Die Taxonomie-Verordnung, die in der vorliegenden Fassung nur die ökologische Nachhaltigkeit zum Gegenstand hat, definiert in ihrem Art. 3 eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig, wenn diese:
1. einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer der unten aufgeführten Umweltziele leistet und
2. nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer Umweltziele führt und
3. unter Einhaltung des sogenannten Mindestschutzes ausgeübt wird und
4. den technischen Bewertungskriterien entspricht.
Die Taxonomie-Verordnung hat in Art. 9 die folgenden Umweltziele festgelegt:
1. Klimaschutz
2. Anpassung an den Klimawandel
3. die nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser und Meeresressourcen
4. der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
6. der Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.
Unter dem Mindestschutz versteht die Verordnung (Art. 18), dass die die Wirtschaftstätigkeiten ausübenden Unternehmen über ein Verfahren verfügen, das die Einhaltung der Menschenrechte und der Rechte für Arbeitnehmer sicherstellt.
Für jedes der Umweltziele wird die Kommission delegierte Rechtsakte erlassen, in denen technische Bewertungskriterien festgelegt werden sollen, anhand derer bestimmt werden kann, ob die Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen des jeweiligen Umweltziels beiträgt.
Die Taxonomie-Verordnung konkretisiert nun die Offenlegungsverordnung dahingehend, dass in vorvertraglichen Informationen und regelmäßigen Berichten für Finanzprodukte, mit denen ökologische Merkmale beworben werden, die offenzulegenden Informationen folgendes umfassen müssen:
Damit die Unternehmen des Finanzsektors den Offenlegungspflichten nach der Offenlegungs-Verordnung, ergänzt um die Anforderungen der Taxonomie-Verordnung, gerecht werden können, sind sie auf Informationen der Unternehmen angewiesen, in die sie bereits investiert sind beziehungsweise in die sie investieren wollen.
Deshalb verpflichtet Art. 8 der Taxonomie-Verordnung alle Unternehmen, die eine nichtfinanzielle Erklärung abgeben, in dieser Angaben über Art und Umfang der ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten des Unternehmens zu machen. Dabei ist jeweils der ökologisch nachhaltige Anteil an den Umsatzerlösen (grüner Umsatz), den Investitionsausgaben (grüne CAPEX) und den Betriebsausgaben (grüne OPEX) zu machen.
Im März 2021 veröffentlichte die ESMA (European Securities and Markets Authority) Vorgaben, die bei der Ermittlung und Darstellung der Kennzahlen anzuwenden sind. So sollen die Leistungsindikatoren möglichst aus Kennzahlen und Jahres-/Konzernabschlussgrößen ermittelt werden. Neben den quantitativen Leistungsindikatoren erwartet die ESMA zusätzlich umfangreiche qualitative Angaben und Erläuterungen in der nichtfinanziellen Erklärung.
Anfang 2022 müssen die betroffenen Unternehmen diese Information für das Geschäftsjahr 2021 in die nichtfinanzielle Erklärung aufnehmen. Wegen der Kurzfristigkeit gibt es erhebliche Erleichterungen für das erste Jahr. Dennoch sollten sich alle betroffenen Unternehmen bereits intensiv mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen.
Für Unternehmen ist es daher unerlässlich, rechtzeitig mit der Kategorisierung ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten zu beginnen, um sich auf die kommenden Berichtspflichten adäquat vorzubereiten. Zentrales Element sind hierbei die Klassifizierung anhand von NACE Codes als „taxonomie-relevante“ Aktivitäten sowie die Beurteilung mit Hinblick auf „Taxonomie-Konformität“.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, unterstützen wir Sie gerne mit unserem interdisziplinären Team. Gerne entwickeln wir mit Ihnen einen passgenauen Beratungsansatz.
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