Durch das am 26.04.2019 in Kraft getretene Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) stellt der Gesetzgeber den Schutz von Geschäftsgeheimnissen auf eine neue gesetzliche Grundlage. Bislang war der Geheimnisschutz nur rudimentär und vor allem in dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt. Mit dem GeschGehG ist nunmehr eine dahingehende Vereinheitlichung erfolgt.
Eine wesentliche Neuerung besteht in der nunmehr erfolgten Definition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses. So bestimmt § 2 Nr. 1 GeschGehG, dass als Geschäftsgeheimnis eine Information zu verstehen ist,
a) die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
b) die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
c) bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.
Wichtig hierbei ist, dass die Voraussetzungen a), b), und c) kumulativ gelten, also alle gemeinsam vorliegen müssen. Zur Bestimmung, ob eine Information als Geschäftsgeheimnis qualifiziert, ist demnach eine objektive Betrachtungsweise geboten. Entscheidend ist, dass die Information nicht allgemein bekannt und nicht ohne Weiteres zugänglich ist und in der Folge einen wirtschaftlichen Wert aufweist. Der Inhaber des Geheimnisses muss darüber hinaus angemessene Maßnahmen zur Geheimhaltung ergreifen und ein berechtigtes Interesse an dieser nachweisen.
Es liegt nun an jedem Unternehmen zu prüfen, ob die vom Unternehmen als Geschäftsgeheimnisse verstandenen Informationen diesen Anforderungen genügen, falls ein Schutz nach dem GeschGehG angestrebt wird. Insbesondere gilt es insoweit zu untersuchen, ob die entsprechenden Informationen angemessen vor unbefugter Offenbarung geschützt sind, was eine entsprechende Schutzbedarfsanalyse voraussetzt. Im Sinne einer ersten Leitlinie gilt, dass je wichtiger die Vertraulichkeit einer Information für ein Unternehmen ist, desto strengere Maßnahmen müssen ergriffen werden, um diese vor unbefugter Offenbarung zu schützen. Die dahingehende Leistungsfähigkeit des jeweiligen Unternehmens ist hierbei zu berücksichtigen. Für Großkonzerne gelten daher strengere Anforderungen als für kleine und mittelständische Unternehmen. Insgesamt dürften neben technischen und anderweitigen organisatorischen Maßnahmen insbesondere Verpflichtungen und Unterrichtungen der Mitarbeiter vorzunehmen sein. Um bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung die dahingehende Darlegungs- und Beweislast erfüllen zu können, ist allen Unternehmen daher zu raten, Schutzbedarfsanalysen und Wirtschaftlichkeitserwägungen in Bezug auf die konkret getroffenen Maßnahmen zum Schutz vertraulicher Informationen hinreichend zu dokumentieren.
Sofern und soweit Informationen demnach als Geschäftsgeheimnisse qualifizieren, dürfen diese insbesondere nicht durch unbefugten Zugang, unbefugtes Kopieren von Dokumenten oder durch ein sonstiges Verhalten, das unter den jeweiligen Umständen nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben entspricht, erlangt, genutzt oder offengelegt werden (§ 4 Abs. 1 und 2 GeschGehG). Der Inhaber eines Unternehmens haftet gemäß § 12 GeschGehG fortan auch bei einer verbotenen Nutzung fremder Geschäftsgeheimnisse durch seine Mitarbeiter und Beauftragte, wenn er die Geschäftsgeheimnisverletzung fahrlässig nicht erkannt und nicht unterbunden hat. Demgemäß gilt es, die Anforderungen des GeschGehG in das eigene ComplianceManagement-System zu integrieren. Dies empfiehlt sich auch zur Vermeidung von compliance-relevanten Aufsichtspflichtverletzungen nach dem Gesetz über Ordungswidrigkeiten (OWiG, s. darin insbes. §§ 9, 30, 130), da die Verletzung von Geschäftsgeheimnissen unter bestimmten Voraussetzungen auch weiterhin strafbar bleibt (§ 23 GeschGehG).
Der Geheimnisinhaber kann im Falle von Verletzungshandlungen unter anderem die Beseitigung der Beeinträchtigung und künftige Unterlassung, die Vernichtung oder Herausgabe von Dokumenten, den Rückruf rechtsverletzender Produkte oder deren dauerhafte Entfernung vom Markt verlangen. Auch können Schadensersatzund Abfindungsansprüche bestehen.
Im Falle eines sogenannten Reverse Engineering (gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG), was grundsätzlich meint, dass ein Produkt rechtmäßig erworben und daraus zum Beispiel Produktionsschritte abgeleitet werden, die nicht der Allgemeinheit bekannt sind und bezüglich derer es keine Beschränkung zur Erlangung dahingehender Geheimnisse gibt, liegt keine Verletzung von Geschäftsgeheimnissen vor. Insoweit ist allerdings zu beachten, dass entsprechende Beschränkungen häufig bestehen, namentlich insbesondere durch geltende Regelungen des gewerblichen Rechtsschutzes, zum Beispiel des Urheberoder Patentrechts. Darüber hinaus soll das Wirken von sogenannten Whistleblowern nicht durch die neue Gesetzgebung ausgehebelt werden. Es ist explizit vorgesehen, dass die Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen gerechtfertigt ist, wenn dies zum Schutz einer berechtigten Interessensgruppe erfolgt.
Zur Umsetzung des neuen Gesetzes sollten Unternehmen in folgenden Schritten vorgehen:
Letztlich resultieren aus dem GeschGehG neue Anforderungen für Unternehmen, die es umfassend umzusetzen gilt. Es gilt im Einzelfall zu prüfen, welche vertraulichen Informationen mit welchen angemessenen Mitteln wirksam geschützt werden können, um den Schutz des GeschGehG zu erlangen. Umgekehrt gilt es durch ein hinreichendes ComplianceManagement sicherzustellen, dass fremde Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt im eigenen Unternehmen verwendet werden. Wir stehen Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite, um sie auf diesem Weg zu begleiten.
Autorin: Gyöngyver Csomay
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