Das Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW) hat am 09.02.2022 den Entwurf des IDW ES 9 n.F. „Bescheinigung nach § 270d InsO und Beurteilung der Anforderungen nach § 270a InsO“ verabschiedet. Darin wird insbesondere dargelegt, welche Anforderungen an die Bescheinigung nach § 270d InsO (Schutzschirmverfahren) und die Beurteilungen nach § 270a InsO (reguläre Eigenverwaltung) sowie an den beauftragten Gutachter zu stellen sind. Zudem zeigt der IDW ES 9 n.F. den Zusammenhang zwischen den insolvenzrechtlichen Konzepten des Schutzschirmverfahrens und der Eigenverwaltung auf.
Das Schutzschirmverfahren nach § 270d InsO ist ein Verfahren in Eigenverwaltung unter Insolvenzschutz, das auf die Sanierung des Antragstellers abzielt. Das Verfahren kann nur mit Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §§ 270, 270a InsO eingeleitet werden. Diesem Antrag ist eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Gutachters beizufügen, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist (sog. Schutzschirmbescheinigung).
Für die Beurteilung, ob drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt, wird auf den IDW S 11: Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen verwiesen. Der Gutachter hat darüber hinaus zu prüfen, ob die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist (Grobkonzept der Sanierung). Dabei wird das Schutzschirmverfahren nur dann ausgeschlossen, wenn für die Sanierungsbemühungen eindeutig negative Erfolgsaussichten bestehen. Für diese Beurteilung nach § 270d InsO sind die Anforderungen des § 270a Abs. 1 und 2 InsO einzubeziehen, da im Fall einer Nichterfüllung dieser Voraussetzungen die Sanierung offensichtlich aussichtslos sein könnte. Mindestbestandteile des Konzepts sind die Analyse der Krisenursachen, die Darstellung der aktuellen wirtschaftlichen Situation, eine Skizze des Zukunftsbildes des Unternehmens sowie eine grobe Beschreibung der für die Sanierung angestrebten Maßnahmen mit ihren finanziellen Auswirkungen. Dabei ist eine Einschätzung erforderlich, ob die geplanten Maßnahmen für eine erfolgreiche Sanierung im Rahmen eines Insolvenzplans ausreichen. Diese Erkenntnis muss „offensichtlich“ sein, so dass eine umfassende Beurteilung durch den Gutachter nicht erforderlich ist. Die Anforderungen an den Inhalt dieses Konzepts sind somit deutlich geringer als an das Sanierungsgutachten nach IDW S 6 zur Erlangung einer Aussage über die Sanierungsfähigkeit.
Die aus dem Grobkonzept der Sanierung abgeleiteten Sanierungsmaßnahmen sind in einen – in der Regel aus der integrierten Planung abgeleiteten – Finanzplan zu überführen. Der Finanzplan hat aufzuzeigen, dass die Fortführung des Unternehmens in den nächsten sechs Monaten gegeben und das Unternehmen durchfinanziert ist. Hierbei sind auch die Finanzierungsquellen darzustellen. Die Planungsdauer umfasst mindestens den Zeitraum von der geplanten Insolvenzantragstellung bis zur planmäßigen Aufhebung des Verfahrens und geht ggf. über den nach § 270a Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO geforderten Planungshorizont von sechs Monaten hinaus.
Im IDW ES 9 n.F. wurde darüber hinaus klargestellt, dass im Gegensatz zum Schutzschirmverfahren die reguläre Eigenverwaltung nach § 270a InsO keine Bescheinigung verlangt. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass im Einzelfall, z.B. wenn der Schuldner im Vorfeld seines Antrags zusätzliche Rechtssicherheit erlangen möchte, eine gutachterliche Stellungnahme zur Beurteilung der Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Eigenverwaltungsplanung in Zusammenhang mit der regulären Eigenverwaltung sinnvoll sein kann.
Autorin: Marie Tierhold, München
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