Multinationale Unternehmen konnten ihre Gewinne bisher oftmals unabhängig vom Ort der Erwirtschaftung versteuern und dadurch ihre Steuerlast verringern oder gänzlich vermeiden. Durch diese Vorgehensweise, dem sog. „Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)“, entgehen den Steuerbehörden gemäß Schätzungen der OECD jährlich weltweit 100 bis 240 Milliarden US-Dollar.
Dem soll zum einen durch „Pillar 1“ im Rahmen der Zwei-Säulen-Lösung des OECD BEPS 2.0-Projekts entgegengewirkt werden, bei dem inhaltlich eine Neuverteilung von Besteuerungsrechten zugunsten der sog. Marktstaaten angestrebt wird. Des Weiteren wird durch „Pillar 2“ eine effektive Mindestbesteuerung in Höhe von 15 % für große multinationale Unternehmen eingeführt.
Zusätzlich soll durch einen länderspezifischen Bericht, dem sog. Country-by Country Reporting (CbCR), öffentliche Transparenz über Ertragsteuerinformationen von multinationalen Unternehmen innerhalb der EU geschaffen bzw. erhöht werden.
Ausgangspunkt stellt die am 01.12.2021 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Richtlinie (EU) 2021/2101 vom 24.11.2021 dar, welche die Richtlinie 2013/34/EU um die Offenlegung eines CbCR für gewisse Unternehmen und Zweigniederlassungen ergänzt. Die Richtlinie sieht eine verpflichtende Übernahme der Änderungen in nationales Recht für alle Mitgliedstaaten bis zum 22.06.2023 vor. Eine vorzeitige Implementierung ist zulässig.
Das Bundeskabinett hat am 07.12.2022 den Regierungsentwurf (RegE) eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht beschlossen. Dieser sieht die Ergänzung eines neuen Unterabschnittes im Dritten Buch des HGB in den §§ 342 ff. HGB vor. Dabei wurden die Vorgaben der EU-Richtlinie weitestgehend übernommen und teilweise ergänzt.
Der RegE sieht eine obligatorische Anwendung des öffentlichen CbCR für alle Unternehmen vor, welche ihren Sitz oder aber Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen einer bestimmten Größe in einem EU-Mitgliedstaat haben und in zwei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren einen konsolidierten Konzernumsatz von jeweils mehr als € 750 Mio. erzielt haben.
Ob ein Unternehmen zur Berichterstattung verpflichtet ist, und ob es der Pflicht der Berichterstattung nachgekommen ist, soll künftig durch den Abschlussprüfer geprüft werden (§ 317 Abs. 3b HGB-E). Das Ergebnis der Prüfung ist im Bestätigungsvermerk zu kommunizieren (§ 322 Abs. 1 Satz 4 HGB-E).
Die wesentlichen Pflichtangaben des öffentlichen CbCR umfassen u. a. die Angabe der Art der Geschäftstätigkeit, die Zahl der Beschäftigten, den Vorsteuergewinn, die zu entrichtenden Ertragsteuern, die Höhe der Erträge sowie die einbehaltenen Gewinne im Berichtszeitraum.
Erstmalig sollen diese Vorgaben für Geschäftsjahre, die nach dem 21.06.2024 beginnen, angewendet werden. Die Erstellung des öffentlichen CbCR soll dabei regelmäßig innerhalb von zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag erfolgen. Verantwortlich für die Aufstellung und interne Prüfung des Reportings sollen die Verwaltungs- und Aufsichtsorgane sein.
Der weitere Prozess sieht die Zuleitung des Regierungsentwurfs an den Bundesrat und an den Deutschen Bundestag vor, so dass die finale Umsetzung in deutsches Recht aller Voraussicht nach bis zum geforderten Stichtag (22.06.2023) erfolgen kann.
Autoren: Philipp Alexander Reiss und Marcel Wilke, München
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