Eine Fairness Opinion ist die Stellungnahme eines unabhängigen Sachverständigen zur finanziellen Angemessenheit eines Transaktionspreises oder anderer finanzieller Parameter von unternehmerischen Entscheidungen. Sie wird u.a. im Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf von Unternehmensanteilen und dem Erwerb börsennotierter Gesellschaften im Rahmen von öffentlichen Übernahmeangeboten (hier insbesondere im Auftrag der Organe der Zielgesellschaften im Rahmen von deren eigener Stellungnahme zum Angebot gemäß § 27 WpÜG) erstellt. Grundsätzlich ist ein Transaktionspreis als „fair“ einzuschätzen, wenn er im Veräußerungsfall oberhalb bzw. innerhalb einer Bandbreite vergleichbarer Werte und Preise liegt bzw. im Erwerbsfall unterhalb bzw. innerhalb dieser Bandbreite.
Die Hauptfunktion einer Fairness Opinion ist der Schutz von Vorständen und Aufsichtsräten vor Haftungsrisiken im Rahmen einer Unternehmenstransaktion. Sie ist ein Instrument, das den Gesellschaftsorganen den Nachweis der Erfüllung der Sorgfaltspflichten im Rahmen der sog. Business Judgement Rule (§ 93 AktG) erleichtert, ersetzt aber nicht die eigenverantwortliche Würdigung der Transaktion durch die Entscheidungsträger. Mittels der Fairness Opinion kann ferner die Vorteilhaftigkeit einer Transaktion gegenüber Aktionären und weiteren Stakeholdern validiert werden. Darüber hinaus dient die Fairness Opinion dem Abbau von Informationsasymmetrien zwischen den unternehmerischen Entscheidungsträgern und den Anteilseignern. Fairness Opinions wird als Entscheidungs- und Legitimationshilfe eine immer größere Bedeutung beigemessen.
Gesetzliche Vorschriften für Fairness Opinions bestehen in Deutschland nicht. In der Praxis dienen als Richtlinie zur Erstellung von Fairness Opinions der Standard IDW S 8 „Grundsätze für die Erstellung von Fairness Opinions“ des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) sowie der gleich lautende Standard der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse & Asset Management (DVFA). Während der DVFA-Standard als Best Practice der Branche verstanden werden soll, ist der IDW S 8 für Wirtschaftsprüfer grundsätzlich verpflichtend.
Aufgrund des Wachstums des Transaktionsmarktes in den letzten Jahren sowie seiner Internationalisierung und Spezialisierung hat die Bedeutung von Fairness Opinions kontinuierlich zugenommen. Um die damit gestiegenen Anforderungen des Marktes zu reflektieren, hat die DVFA ihre "Grundsätze für die Erstellung von Fairness Opinions" überarbeitet und im März 2023 eine neue Fassung veröffentlicht. Wesentliche Änderungen gegenüber der alten Fassung betreffen unter anderem die Betonung der Unabhängigkeit der Ersteller von Fairness Opinions (in Bezug auf Vergütung und weitere Dienstleistungen), eine Vielfalt von gleichwertig anzuwendenden Bewertungsmethoden (z.B. Discounted Cash Flow, Trading und Transaktions-Multiplikatoren, Analyse Marktkapitalisierung) zur Ableitung von Wertbandbreiten sowie die Berücksichtigung von Synergien bzw. deren Allokation auf Erwerber und Veräußerer im Rahmen der Angemessenheitsbeurteilung.
Fairness Opinions sind ein etabliertes Instrument zur Absicherung von unternehmerischen Entscheidungen, insbesondere in Zeiten erhöhter Unsicherheiten im Transaktions- und Unternehmensumfeld. Die Vermeidung bzw. Offenlegung von möglichen Interessenkonflikten des Erstellers der Fairness Opinion (insbesondere in Hinblick auf weitere Dienstleistungen bzw. die Gestaltung der Vergütung) ist dabei ein Aspekt, der für die Erfüllung dieser Zielsetzung wesentlich ist.
Autor:in: Iva Mincheva, Frankfurt a. M.
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