Hintergrund und Ziele
Der Rat der EU hat am 05.11.2024 eine Richtlinie zur Einführung neuer Vorschriften für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungsunternehmen (Insurance Recovery & Resolution Directive, IRRD) verabschiedet. Damit wurde die letzte Hürde auf Ebene der EU genommen.
Mit Einführung der IRRD soll die Resilienz von Versicherern in der EU bei erheblichen finanziellen Notlagen gestärkt und den Behörden eine frühzeitige und effiziente grenzüberschreitende Krisenintervention ermöglicht werden. Der Schutz der Versicherungsnehmer soll verbessert und mögliche Auswirkungen von Notlagen auf die Wirtschaft und das Finanzsystem sollen minimiert werden.
Die Richtlinie tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft; sie ist dann mit einer Frist von zwei Jahren in nationales Recht umzusetzen (was voraussichtlich gleichzeitig mit den Solvency II-Änderungen erfolgen wird). Für Erst- und Rückversicherer empfiehlt es sich, den Gesetzgebungsprozess zu verfolgen und sich auf die rechtzeitige Aufstellung präventiver Sanierungspläne und deren form- und fristgerechte Übermittlung an die Aufsicht vorzubereiten.
Die globale Finanzkrise von 2008 hat deutlich gemacht, dass ein angemessener Sanierungs- und Abwicklungsrahmen für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen entwickelt werden musste. Die Richtlinie basiert auf den im Juni 2016 vom Financial Stability Board (FSB) veröffentlichten Leitlinien zur Entwicklung wirksamer Abwicklungsstrategien und -pläne für systemrelevante Versicherer.
Betroffene Assekuranzen & Präventive Sanierungspläne
Gemäß der verabschiedeten Fassung der IRRD wird anhand der Kriterien Größe, Geschäftsmodell, Risikoprofil, Verflechtung, Ersetzbarkeit, gesamtökonomische Bedeutsamkeit und Ausmaß der grenzüberschreitenden Tätigkeit beurteilt, ob die Assekuranzen zur Aufstellung präventiver Sanierungspläne verpflichtet sind. Diese sollen im Wesentlichen den Fahrplan im Falle einer Sanierung bezüglich Abhilfemaßnahmen auf Basis von qualitativen und quantitativen Indikatoren sowie eine Kommunikationsstrategie enthalten.
Hierbei hat die Aufsichtsbehörde sicherzustellen, dass mindestens 60 % des nationalen Versicherungsmarkts den Anforderungen der präventiven Sanierungsplanung sowie mindestens 40 % des nationalen Versicherungsmarkts den Anforderungen der Abwicklungsplanung unterworfen werden. Kleine und nicht komplexe Versicherungsgesellschaften, von denen aus Sicht des Aufsehers kein nationales oder regionales Risiko auszugehen scheint, sind von den Regelungen ausgenommen.
Abwicklungsstrategie und -instrumente
Der definierte Abwicklungsansatz ergibt in Verbindung mit den ausgewählten Abwicklungsinstrumenten dann die Abwicklungsstrategie. In Art. 26 Abs. 3 IRRD werden alle relevanten Abwicklungsinstrumente für Versicherungsunternehmen aufgeführt. Diese Instrumente können individuell oder auch in Kombination miteinander angewendet werden. Ausgenommen hiervon ist das Abwicklungsinstrument „asset and liability separation“, welches nur in Verbindung mit anderen Abwicklungsinstrumenten angewendet werden kann. Für alle strukturellen Abwicklungsinstrumente („sale of business“, „bridge undertaking“ und „asset and liability separation“) ist zu konstatieren, dass die Abwicklungsbehörde diese anwenden kann, ohne dass eine Genehmigung der Eigentümer erfolgen muss. Hierbei sind ausschließlich die prozessualen Vorgaben aus Art. 29 IRRD zu beachten.
Autor: Stefan Seibold, München
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